Touring Car Masters: Was wir von unseren Champions lernen können…

Touring Car Masters PA09/2021: Bericht Salzburgring 17./18. September

Touring Car Masters: Was wir von unseren Champions lernen können…

Zwei MS Racing-Piloten haben 2021 abgeräumt: Georg Karner als Sprint-Champion vor seinem Teamkollegen Stefan Fuhrmann, der sich zum Endurance-Champ krönte. MS Racing-Gründer Matthias Stepanek gibt einen seltenen Einblick in seine Teamphilosophie…

Es ist die im Motorsport vorherrschende Vorgangsweise: Man steigt ein – jung, alt, heiß, kalt, im frühen Kindesalter oder spät und dafür „quer“. Man will „das Beste“ aus sich herausholen, so machen das ja auch die „Großen“ und daher erwartet man naturgemäß, auch mit den Besten zu kooperieren. Die Logik stimmt: Von ihnen kann man viel lernen und man kann somit unnötiges „Lehrgeld“ und auch unnötige „Lehrzeit“ verhindern. Meistens hat man nämlich „keine Zeit“ zu verlieren – weil man vermeintlich keine oder nur sehr wenig davon hat. Wer sehr viel Geld nicht geerbt hat oder geschenkt bekam, hat natürlich auch tatsächlich einen vollen Terminkalender. Dieser jedoch kann sehr schnell eine gehetzte Komponente im persönlichen Psychogramm erzeugen, die Menschen glauben lässt, sie müssten am Besten noch heute der Welt da draußen zeigen, dass sie und nur sie die besten Autofahrer*innen sind….

Und weil das am Anfang so gut läuft, weil man quasi am selben Tag die Sekunden herunterknabbert, manchmal sogar mit jeder Runde, kann man sehr schnell zur Ansicht gelangen, man sei, worauf die Motorsportwelt Jahrzehnte lang gewartet hat. Ein Champion, der eigentlich nur noch Titel um Titel nachhause fahren muss. Vor dieser emotional aufgeladenen Täuschung sind auch ältere Kaliber nicht gefeit – sie sind nicht selten erfolgreiche Geschäftsleute, die also wissen, wie „der Hase läuft“. Wir alle schließen oft von uns auf andere, weil wir nur uns – relativ – gut kennen. So muss es also sein, denkt man, dass erfolgreiche Vorgehensweisen auf alles andere übertragbar sind. Nur: Das sind sie nicht. Und schon gar nicht in der Welt des Motorsports. Sie hat ihre eigenen Naturgesetze. Was an der Börse zielführend sein mag, das schnelle Wechseln der Strategie, kann im Motorsport eine „Blutspur“ durch das gesamte Fahrerlager ziehen, sie ist dann Zeugnis einer falsch verstandenen Welt, in der eigentlich Stabilität gefragt ist – und das nicht nur im Fahrverhalten eines Autos. Ob Rundstrecke oder Rallye – es gab in der Vergangenheit nicht wenige, die schneller ihre Kooperations-Partner wechselten als ihre Unterhosen. Weil sie Mängel sahen, wo keine waren. Weil sie es nicht hören wollen, dass auch sie Fehler machen – gerade in einer für sie im Grunde völlig unbekannten neuen Welt des Motorsports. Wie es wirklich geht, zeigen uns Georg Karner, Stefan Fuhrmann und Matthias Stepanek…

 

Georg Karner: Ein Titel nach Ansage

Vor acht Jahren hat sich Georg Karner für MS Racing entschieden – und fühlt sich dort seither gut aufgehoben, nein, mehr als das: „Ich fühle mich bei MS Racing bestens betreut – es ist kein lautes Team, das sind keine Marktschreier. Es ist ein sehr sportliches, sehr ehrgeiziges Team, doch all das findet in einer ruhigen, unaufgeregten Atmosphäre statt. Was mir aber besonders wichtig ist: Es sind dort Freundschaften entstanden -wir sind Freunde, die zusammenhalten.“

Die Touring Car Masters, auch mit mittlerweile vier Saisonen immer noch eine relativ junge Rennserie, haben Georg Karner, den Sprint-Champion der Saison 2021 (Meister der stärksten der punktberechtigten TCM-Klassen, der Klasse 5) erlebt als eine Kraft, die stetig wächst, doch in sich ruht. Dass sie das konnte, liegt auch an jenem Mann, der sich mit MS Racing das Hobby zum Beruf machen konnte. Der frühere Vertriebs- und Marketing-Spezialist mit Hobby Rennfahren und nunmehrige Rennstallbesitzer und Ex-Profi-Segler Matthias Stepanek bestätigt mit folgendem Statement gleich einmal Sämtliches, was hier bislang geschrieben und gesagt wurde: „Georg und ich haben seinen Titel eigentlich schon vor dem Vorjahr als Ziel für 2021 definiert. Er wurde stetig schneller – doch was noch fehlte, war eine Konstanz und die damit verbundene Sicherheit. Daher haben wir im Vorjahr vermehrt Testfahrten abgehalten – ich würde sagen, dass seinem heuer errungenen Titel die letztjährigen Testkilometer zugrundeliegen. Wir wussten vor mehr als einem Jahr noch nicht, wer 2021 um den Titel kämpfen wird – so war es also wichtig, dass Georg unabhängig davon effizient fährt. Das hat er schließlich auch getan, und zwar ziemlich eindrucksvoll.“

Georg nickt: „Es ist ein gutes Jahre gewesen und es war schlussendlich genau so, wie wir es vermutet haben: Es kam darauf an, konstant Leistungen zu erbringen. Und zwar durchaus sportliche Leistungen, es ging uns nicht ums Punktehamstern – doch es sollte kein Chaos herrschen und keine Schäden zur Folge haben, quasi eine geordnete Kampfansage.“

Dabei war im Feld seiner direkten Konkurrenten nicht selten sein Teamkollege Stefan Fuhrmann einer von jenen, die es zu schlagen galt, Georg Karner stellt klar: „Wir schenken einander nichts! Natürlich gehen wir mit großem Respekt miteinander um – doch auf der Strecke wird um jede einzelne Position gekämpft. Ich habe es mir auch diesmal nicht nehmen lassen, vor ihm durchs Ziel zu fahren.“ Wie auch bei Karner stand de facto auch bei Stefan Fuhrmann, in einem etwas PS-schwächeren Porsche der TCM-Klasse 4 unterwegs, bereits vor dem Finale fest, dass sich an seiner Position in der Sprint-Tabelle nichts mehr ändern wird: Fuhrmann krönte sich als Klasse 4-Meister zum Sprint-Vize-Champion, während er in der Endurance-Wertung zwar Tabellen-Leader, aber noch lange nicht der neue Champion war. …

Stefan Fuhrmann: Ein unaufgeregter Endurance-Titel

Mit Georg Hofer, Daniel Drexel, Franz Lahmer (sie haben heuer den Touring Car Masters mit ihren jungen und manchmal nicht ganz so jungen, auf jeden Fall steigenden Lernkurven große Freude bereitet) waren zwar nicht alle, die noch Chancen auf den Endurance-Titel hatten vor Ort, doch es waren für den medial eher schweigsamen Stefan Fuhrmann immer noch genügend, um also das Einstundenrennen mit gebotener Umsicht anzugehen. Dort konnte sich Fuhrmann mit einem soliden dritten Platz zum Touring Car Masters-Endurance-Champion 2021 küren…

Sein Teamchef Matthias Stepanek erinnert sich mit einem Schmunzeln daran, wie er Fuhrmann kennen und schätzen lernte – nämlich in einem damals relativ wilden Umfeld: „Stefan und ich waren Konkurrenten in der BMW 325 Challenge des Histo Cup Austria. Er hat mich dann mit der Betreuung seiner Autos bedacht, was etwa auch zeitgleich mit der Gründung von MS Racing verlief.“

Matthias Stepanek: Ein „Stabilisator“ als Teamchef

Stepanek gibt einen seltenen Einblick in die Tiefen seines im Fahrerlager so ruhig agierenden MS Racing Teams: „Fast alle Mitarbeiter sind das bereits seit vielen Jahren – wir sind alle freundschaftlich miteinander verbunden. Uns verbindet zudem aber auch die Orientierung nach oben. So ist es auch möglich, dass meine Mitarbeiter in größtmöglicher Eigenverantwortung agieren.“

Erneut begegnen wir demFaktor Stabilität, wenn Stepanek hinzufügt: „Es gibt bei uns keinen Cheftechniker – wir haben zum Beispiel auch Allrounder im Team wie unseren Truck-Fahrer, der sich renntechnisch ebenfalls sehr gut auskennt. Es ist mir jedes meiner Teammitglieder ein Anliegen, denn sie alle tragen ihren Teil bei, wenn es darum geht, in einer relaxten Atmosphäre das Schöne am Motorsport zu genießen. Wichtig ist mir, dass jeder meiner Kunden einen Carchief zugeteilt erhält, mit dem er dann langfristig zusammenarbeitet. Nur so entsteht jenes Vertrauen, das neben einer grundlegenden Sicherheit auch große Erfolge möglich macht.“

Franz Lahmer: Der Mann „im Saft“

Was unsere Standing Ovations verdient: Franz Lahmer, schon länger Ü60, hat im Endurance Rennen ohne Partner den vierten Platz belegt und konnte sich so zum Vize-Champion Endurance gesamt krönen! Wir alle wissen, wie anstrengend ein solches Rennen ist – Franz scheint also im besten Alter oder wie der Volksmund sagt „im Saft“ zu sein, möge er den Touring Car Masters noch sehr lange erhalten bleiben…

Für einen inoffiziellen Rundenrekord sorgte Hendrik Still, der im KTM X-Bow GTX von MZR Racing (Motorsport Zentrum Ried) im ersten Sprintrennen die aufsehenerregnde Rundenzeit von 1:17,451 Minuten in den Asphalt brennen konnte. Gemeinsam mit Rupert Atzberger gewann Still auch das Einstundenrennen.

Daniel Drexel krönte sich in der Sprint-Tabelle zum Klassensieger der TCM2 – sein KTM X-Bow wurde von razoon-more than racing eingesetzt, die von Dominik Olbert geführte Truppe konnte damit die Teamjahreswertung für sich entscheiden.

Und: Mit nur zwei von fünf Läufen konnte einer unserer bisherigen Champions, Ernst Kirchmayr, in der Sprintwertung auf Platz drei vorpreschen und gemeinsam mit Philipp Baron im Endurancerennen Platz zwei belegen. Mit Baron Motorsport ist er mittlerweile in der internationalen Ferrari Challenge eine stabile Größe…

Lektion possible

Was wir also von unseren Champions Georg Karner, Stefan Fuhrmann, Matthias Stepanek und MS Racing lernen können: Sich Partner zu suchen, mit welchen man jene „unbändige Lust“ verspürt, gemeinsam der Optimierung in sämtlichen Bereichen zu frönen, gemeinsam zu wachsen aber auch mal gemeinsam und ohne Schuldzuweisungen „Lehrgeld“ zu bezahlen. Im Gegenüber einen freundschaftlich gesinnten Spiegel zu sehen, der einem auch Nachteiliges zeigt, ohne dabei Dramaqueen-Exzesse oder gar schwerwiegende Traumata auszulösen. Dass also Vertrauen, Treue und das „Menschliche“ die Faktoren sind, die man sich niemals kaufen kann aber stets verdienen darf.

Ob wir als Touring Car Masters diese Lektion, die uns unsere Champions der Saison 2021 erteilt haben ebenfalls beherzigen konnten, wird mit Sicherheit die Saison 2022 zeigen. Eines ist jedenfalls sicher: Auf dem Fels in der Brandung steht groß geschrieben: We are racing!

 

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